Medizin-Geschichten

Die Heilpflanze des Monats September 2015
Kurioses, Bizarres, Interessantes

Folge 41: Kermesbeere (Phytolacca)

Man sieht sie häufig als Zierpflanze bei uns, aber die Kermesbeere mit ihren roten Ästen und Trauben schwarzer Beeren ist keine heimische Pflanze. Die meisten Arten stammen aus Südamerika oder aus Asien. Das Wort „Kermes“ soll auf das persische Wort für „rot“ zurückgehen. Denn die Beeren haben einen purpurroten Saft. Dieser Saft wurde früher als Farbstoff gebraucht – das spiegelt sich im botanischen Namen. Der setzt sich zusammen aus dem griechischen Wort „phyton“ (Pflanze) und dem italienischen „lacca“ (Lack).

Unreife Früchte der Asiatischen oder Indischen Kermesbeere (Phytolacca acinosa). Sie werden ebenso schwarz wie die der amerikanischen Art, sind aber anders als diese gekammert. Die Indische Kermesbeere ist in Südostasien weitverbreitet. Sie kommt vor allem in China, Japan, Korea und Indien vor. Bei uns wächst sie als Zierpflanze oder verwildert, häufig in der Nähe von Weinbergen.
Foto: Armstrong  

Alle Pflanzenteile der Kermesbeere sind giftig, vor allem die der amerikanischen Art. Die chemische Zusammensetzung ist ungewöhnlich. Kermesbeeren enthalten stark entzündungshemmende Stoffe, antivirale Proteine sowie Substanzen (Phytolacca-Mitogene), die eine Zellteilung auslösen. Besonders giftig ist die rübenartige Wurzel. Die Konzentration nimmt dann ab vom Blatt zum Stamm, von der unreifen Frucht zur reifen Beere.

Die verschiedenen Phytolacca-Arten sind alte Heilpflanzen in ihren jeweiligen Verbreitungsgebieten. Phytolacca americana zum Beispiel wurde von den Indianern als Brech- und Rheumamittel verwendet. In der traditionellen chinesischen Medizin wird die Indische oder Asiatische Kermesbeere (Phytolacca acinosa) zur Behandlung bei Tumoren, Ödemen und bronchialen Beschwerden eingesetzt, in Tibet bei schmerzenden Verletzungen. Im alten China wurde die Wurzel auch als Rauschmittel benutzt. In Japan wurde die Wurzel auch dem Reiswein Sake zugesetzt, um ihn stärker zu machen.

Auch in Europa sind Phytolacca-Kraut und –Beeren schon lange in medizinischem Gebrauch. So hat die Beobachtung, dass Tauben und andere Vögel, die die Beeren fressen, nicht nur eine rötliche Färbung erhalten, sondern auch stark abmagern, dazu geführt, dass Kermesbeeren in Entfettungskuren eingesetzt wurden. Die Beeren galten als so potent, dass sogar der Genuss der Vögel, die sie gefressen haben, noch abführend wirken soll.

Im südlichen Europa wurden Phytolacca-Beeren auch dazu missbraucht, helle Rotweine kräftiger zu färben. In Frankreich zur Zeit des Sonnenkönigs Ludwig XIV. (er war von 1643 bis 1715 König) soll das Nachfärben von Rotwein mit Kermesbeeren-Saft verboten und mit der Todesstrafe bedroht worden sein. Verwilderte Phytolacca-Pflanzen findet man heute noch häufig in der Nähe von Weinbergen.

Quellen:
u.a. Gerhard Madaus: „Bioheilmittel“ und verschiedene Internetseiten

Ursula Armstrong | Redaktion | Sperberweg 2 | D-82152 Krailling | Telefon: +49 (0) 163 / 313 21 10 | e-mail: mail@uschi-armstrong.de | www.redaktion-armstrong.de

Alle Heilpflanzen des Monats

Rote Äste mit runden tiefschwarzen Beeren: Alle Pflanzenteile der Amerikanischen Kermesbeere (Phytolacca americana) sind giftig. Gut durchgekocht sind sie jedoch genießbar. Junge Schösslinge und Blätter wurden früher wie Spargel oder Spinat gegessen. Auch abgekochte Früchte wurden in der Küche verarbeitet und etwa zum Färben von Zucker verwendet. Aus dem giftigsten Teil der Pflanze, der Wurzel, wurde Seife gekocht.
Foto: Armstrong